Gesundheit

Gesundheitliche Gründe für das vegane Leben

Da in den Ernährungswissenschaften ohnehin vieles umstritten ist, soll hier lediglich in einer kurzen Übersicht verdeutlicht werden, das die oftmals vorgetragenen Befürchtungen in Bezug auf eine vegane Ernährungsweise – speziell eine Nährstoffunterversorgung wird oft ins Feld geführt – zu widerlegen sind.

Der veganen Ernährung haftet seit jeher das Image der Mangelernährung an. Dies hat sicherlich verschiedene Gründe, wie beispielsweise die Unvorstellbarkeit für viele Menschen, auf tierliche Produkte verzichten zu können, oder aber auch die verbreiteten Empfehlungen des Konsums tierlicher Produkte von Berufsgruppen wie Oecotropholog_innen und Ärzt_innen sowie Verbänden wie etwa der „Deutschen Gesellschaft für Ernährung“ (DGE). Auf die Aussagen der erwähnten Berufsgruppen und der DGE verlässt sich die große Mehrheit. Auch die Vielzahl an ernährungsrelevanten Studien, welche häufig in den Medien thematisiert werden, nähren eine negative Einstellung gegenüber der veganen Ernährungsweise. Jedoch zeigt sich gleichzeitig auch, dass vor allem in Hinsicht auf den Konsum von Fleisch immer häufiger vor Gefahren, vor möglichen Krankheiten gewarnt wird.1

Als Zivilisationskrankheiten, sprich Krankheiten, die häufig in Industrieländern vorkommen, bezeichnet man u. a. diverse Formen von Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck und Gicht. Einig scheinen sich Wissenschaftler und Mediziner2 zumindest darin zu sein, dass ein hoher Anteil an tierlicher Nahrung zu eben diesen genannten Krankheiten führt bzw. deren Entstehung begünstigt. Der renommierte Ernährungswissenschaftler Leitzmann weist darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit in Deutschland sich zu fett ernährt und große Mengen an Proteinen aufnimmt, wohingegen Kohlenhydrate und Ballaststoffe meist in zu geringen Mengen aufgenommen werden, da diese fast ausschließlich in pflanzlicher Kost vorkommen. Insgesamt sollten laut Leitzmann die pflanzlichen Nahrungsmittel bei der Nahrung eindeutig im Vordergrund stehen, zumal die Proteinzufuhr problemlos zu sichern ist und tierliche Nahrungsmittel neben teilweise nützlichen Inhaltsstoffen auch die bekannten problematischen Bestandteile wie gesättigte Fettsäuren, Purine und Cholesterin enthalten.3

Veganer_innen befassen sich in der Regel ausgiebig mit den möglichen negativen Wirkungen tierlicher Nahrungsmittel, da sich dadurch die Überzeugung für die eigene Ernährungsweise festigen lässt. Eine Vielzahl von Studien findet sich im Internet, welche die Nachteile und Risiken von tierlichen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch, Kuhmilch samt daraus bestehender Produkte sowie Eiern aufzeigen.4 Abgesehen von der Kritik am Fleisch finden sich in jüngerer Vergangenheit immer wieder auch kritische Artikel und Untersuchungen in Bezug auf Kuhmilch.5

Es lässt sich aus ernährungsphysiologischer Sicht bei veganer Ernährung lediglich ein Problem hinsichtlich der natürlichen Versorgung mit Vitamin B12 nennen, welches von den meisten Veganer_innen in Form von Tabletten oder auch angereicherter Zahnpasta supplementiert wird.6 Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Hinweis, dass die meisten Menschen zu wenig Vitamin B12 über die Nahrung aufnehmen, ganz gleich ob sie nun vegan, vegetarisch oder omnivor vonstatten geht. Durch die Supplementierung sind zumindest Veganer_innen sicher versorgt. Eisen, Kalzium und Magnesium werden durch den naheliegend hohen Konsum von Getreideprodukten, Sojafleisch sowie Nüssen und Ölsamen bei veganer Ernährung entgegen weitläufiger Meinungen von den meisten in weit ausreichender Menge aufgenommen werden. Grünes Gemüse und Sesam- bzw. Mohnsamen sind sehr gute Kalziumquellen, einen sehr hohen Magnesiumanteil besitzen u. a. Kürbis- und Sonnenblumenkerne, Reis, Vollkornmehl, Zartbitter-Schokolade und Sojabohnen. Beispielhaft sei hier der Eisengehalt von Getreide, Hülsenfrüchten und Nüssen/Ölsamen den tierlichen Lebensmitteln gegenübergestellt, um die Wahrscheinlichkeit einer Unterversorgung dieser Nährstoffe bei veganer Ernährung als Märchen zu entlarven:

Eisen-pflanzlich-Tab2Eisengehalt ausgewählter pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel im Vergleich7

Im Zuge der Aufklärung und der Empfehlungen für eine vegane Ernährung von Seiten einiger Mediziner sowie durch die vielen Veganer_innen immanente Eigenschaft, Dinge kritisch zu hinterfragen und sich mit gesunder Ernährung auseinanderzusetzen, ist mittlerweile ein regelrechter Markt für speziell vegane Ernährungs- und Kochbücher entstanden, was sich beispielsweise durch eine einfache Suche beim Internetversandhändler amazon.de feststellen lässt. Unter dem Suchbegriff „vegan“ in der Kategorie Bücher finden sich 535 Treffer8, und in den großen Buchhandlungen kann man heutzutage problemlos die erfolgreichsten veganen Kochbücher vor Ort erwerben. Auch fand im Dezember 2012 der erste vegetarisch-vegane Ärztekongress in Berlin statt, bei dem u. a. über die Evolution im Zusammenhang mit Ernährung, Rohkost, veganer Ernährung im Leistungssport und über die Psychologie des Fleischessens referiert wurde.9 Die vegane Ernährung findet somit hierzulande immer deutlicher ihren Weg in die akzeptierten Wissenschaftsfelder, was beispielsweise in den USA bereits seit längerem zu sehen ist. So bezeichnet die ADA (American Dietetic Association), das amerikanische Pendant zur DGE, in ihrem Positionspapier von 2009 die vegane10 Ernährung für sämtliche Personengruppen als empfehlenswert:

It is the position of the American Dietetic Association that appropriately planned vegetarian diets, including total vegetarian or vegan diets, are healthful, nutritionally adequate, and may provide health benefits in the prevention and treatment of certain diseases. Well-planned vegetarian diets are appropriate for individuals during all stages of the life cycle, including pregnancy, lactation, infancy, childhood, and adolescence, and for athletes.“11

Die „Academy of Nutrition and Dietetics unterstrich kürzlich die Auffassung, dass die vegane Ernährungsweise für sämtliche Personengruppen geeignet ist und betonte dies explizit für Babys und Kleinkinder.12

Es darf allerdings sicher nicht außer Acht gelassen werden, dass eine unausgewogene vegane Ernährung zu einer nicht ausreichenden Nährstoffversorgung führen kann. Einseitige oder ungesunde Ernährungsweisen finden sich jedoch überwiegend bei den sich gängig ernährenden Menschen, wie das folgende Zitat von Leitzmann unterstreicht. Er kommt zu dem Schluss:

Studien mit vegan lebenden Menschen, die weltweit, aber auch von uns durchgeführt wurden, zeigen, dass Veganerlnnen im Durchschnitt deutlich gesünder sind als die allgemeine Bevölkerung. Körpergewicht, Blutdruck, Blutfett- und Cholesterinwerte, Nierenfunktion sowie Gesundheitsstatus allgemein liegen häufiger im Normbereich.“13

In erster Linie durch die Häufung von kritischen Studien in Bezug auf tierliche Produkte und der Erkenntnis, dass annähernd alle für den Menschen notwendigen Nährstoffe in pflanzlichen Nahrungsmitteln zur Genüge vorhanden sind, lässt sich bei gleichzeitigem Blick auf die massive Problematik der sogenannten Zivilisationskrankheiten der Schritt zur veganen Ernährung, fernab der ethischen und ökologischen Dringlichkeit, empfehlen.

1 Vgl. u. a.: http://www.sueddeutsche.de/leben/fleisch-ist-ungesund-die-rote-gefahr-1.389045 (Abruf: 10. Dezember 2012, 11:06 Uhr), http://www.welt.de/gesundheit/article13919572/Wer-taeglich-rotes-Fleisch-verzehrt-stirbt-frueher.html (Abruf: 10. Dezember 2012, 11:11 Uhr)

2 Man muss berücksichtigen, dass im gängigen Medizinstudium gänzlich auf Ernährungslehre verzichtet oder sie lediglich am Rande thematisiert wird. Beispielsweise ist das Thema Ernährung in der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 nicht erwähnt (vgl. http://www.rp.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/show/1189373/rps-ref97-arzt-aeappo-neu.pdf, Abruf: 10. Dezember 2012, 15:56 Uhr), und auch im „Frankfurter Curriculum 2010 für den klinischen Studienabschnitt“ (vgl. http://www.med.uni-frankfurt.de/stud_med/klinik/download/curriculum_klinik_2010.pdf, Abruf: 10. Dezember 2012, 16:02 Uhr) gibt es pro Semester lediglich eine Vorlesung bzw. Tutorien zu Ernährungsthemen.

3 Vgl. Leitzmann/Koeber/Männle, 2012, S. 133 f.

4 http://www.provegan.info/fileadmin/img/pdf/studien-vegan.pdf (Abruf: 10. Dezember 2012, 16:25 Uhr)

5 Siehe beispielsweise Rollinger, 2011, „Milch besser nicht“ und eine Übersicht von 80 wissenschaftlichen Artikeln bzw. Studien unter http://www.provegan.info/de/aufsaetze-stellungnahmen-berichte-kommentare-ueber-wichtige-themen-und-aktuelles/detailseiten/028-kleine-zusammenfassung-der-gesundheitlichen-schaedigungen-durch-milchprodukte/ (Abruf: 10. Dezember 2012, 16:30 Uhr)

6 Zu berücksichtigen beim Thema Vitamin B12 ist, dass ebenso fleischessende und vegetarische Personen an einem Mangel leiden können. Vor allem unter älteren Menschen ist ein solcher Mangel infolge von Magen- und Darmschleimhauterkrankungen weit verbreitet (vgl. Klein, 2011, S. 92).

7 http://www.ugb.de/ernaehrungsplan-praevention/eisen-vegetarisch-gut-versorgt/ (Abruf: 10. Dezember 2012, 16:19 Uhr)

8 http://www.amazon.de/s?ie=UTF8&field-keywords=kochbuch%20vegan&index=blended&link_code=qs&sourceid=Mozilla-search&tag=firefox-de-21 (Abruf der Suche: 10. Dezember 2012, 17:07 Uhr)

9 http://www.vegmed.org/ (Abruf: 13. Dezember 2012, 22:46 Uhr)

10 Im US-amerikanischen Sprachgebrauch umfasst der Begriff vegetarian auch den Begriff vegan.

11 Vgl. http://www.vebu.de/files/ADA_position_paper_2009.pdf (Abruf: 13. Dezember 2012, 23:00 Uhr)

12 Vgl. http://www.eatright.org/public/content.aspx?id=8060#.UNTS-6zg_th (Abruf: 21. Dezember 2012, 22:32 Uhr)

13 Quelle: http://www.vebu.de/alt/nv/nv_2001_4_Prof_Dr_Claus_Leitzmann_Statement_zum_Veganismus.htm (Abruf: 22. Dezember 2012, 17:13 Uhr)